Süd-West Siedlung
Die "Rudolf Heß Siedlung" zischen Renninghausen und Hombruch


In den Jahren 1938/39 erlebte Hombruch eine aktive Bautätigkeit, welche zur Verbesserung des Wohnraumes führen sollte. Hombruch war dabei nur ein Baustein in einem Plan, welcher zum Ziel hatte, eine Süd-West-Siedlung innerhalb von Dortmund zu errichten. Zwischen Hombruch und Renninghausen sollten alleine 4500 neue Wohnungen entstehen.
Dieser von den Nationalsozialisten ausgeführte Plan hatte eine reine politische Zielsetzung: Jeder „Arbeiter“ sollte nahe seiner Arbeitsstätte wohnen und leben, und das bei einem gehobenen Wohnungsstandard.

Aber es gab noch einen weiteren politischen Hintergrund. Mit diesen Mustersiedlungen wollte man die Ballung von Arbeitern verhindern, da diese nach Auffassung der Nationalsozialisten leicht vom Marxismus beeinflusst werden konnten.

Also wurde diese Siedlung „für alle“ geöffnet. Hier sollte der Beamte, der Kaufmann, der Handwerker, also alle Schichten des Volkes wohnen in Wohnungen, die schöner und hygienischer als die anderen Wohnungen in Hombruch waren.
Zu dieser Zeit hatte noch ein Großteil der Hombrucher Mietwohnungen das „Plumps-Klosett“ im Hof.

Hier sieht man die geplante Süd-West-Siedlung von Dorstfeld bis Hörde.
Würden auf dieser Zeichnung die Industrieanlagen eingezeichnet könnte man deutlich erkennen, dass der Weg zu diesen Arbeitsstätten sehr kurz war. Allerdings wurde bei dieser Planung nicht berücksichtigt, dass einige Industriebereiche rückläufig waren und eine Blütezeit nur noch durch den anstehenden Krieg hatten.

Ein weiteres Ergebnis dieser Süd-West-Ausrichtung war die Streichung der Ausbaupläne im Dortmunder Norden, also eines gewachsenen Siedlungsraumes, mit der Begründung, dass der Dortmunder Norden ein Bergschadengebiet sei.
Dies mag zum Teil stimmen, aber die Situation war in dem Süd-West-Bereich nicht besser.
Dem Proletariat gehörte der Norden, dem Besitzenden der Dortmunder Süden.
Bedrängte Wohnverhältnisse sorgten für eine Abwanderung und damit zu einer Verelendung des Dortmunder Nordens.
Dies kam den Machthaber gelegen, da die Ansammlung von Arbeitern anfällig für die Lehren des Marxismus war.
Trotz aktiver Bautätigkeit in Dortmund fehlten 1939 über 20000 Wohnungen.
[1]

Bau- und Siedlungsbaupolitik im Nationalsozialismus

Der soziale Wohnungsbau im III. Reich wurde vor allem unterschieden in „Volkswohnungen“ und „Kleinsiedlungen“ (auch Siedlungsstellen genannt). Kleinsiedlungen wurden bis zum Kriegsbeginn aus politischen Gründen bevorzugt, da die Kleinsiedlung dem Eigentümer die Möglichkeit der Selbstversorgung durch einen kleinen Garten und eingeschränkte Nutztierhaltung ermöglichte und dem gewünschten Familienzuwachs keine Schranken setzte. Durch den Besitz eines eigenen Heimes sollte sich der Arbeiter zudem mehr mit dem eigenen Boden verbunden fühlen und band ihn so verstärkt an die deutsche Heimat (Blut-und-Boden-Ideologie).

Eine Kleinsiedlung oder Siedlungsstelle wurde in der Benutzungsordnung geregelt. Es waren meist Siedlungen, welche durch organisierte Gruppenselbsthilfe entstanden sind; heute sind diese Siedlungen nicht mehr zeitgemäß, da sie zu viel Land verbrauchen.

In Hombruch gibt es noch eine Siedlung, welche diesen Charakter hat, an der Hohe Braukstraße. Diese Siedlung wurde gebaut mit Hilfe und für die Vertriebenen.

Volkswohnung hingegen war alles, was nicht einer Kleinsiedlung, sprich einer isolierten Einheit der deutschen Familie, entsprach. Volkswohnungen waren billige Mietwohnungen in Ein- oder Mehrfamilienhäusern, die bis zum Kriegsausbruch weniger erwünscht waren, da sie vor allem das nationalsozialistische Ideal der kinderreichen Familie nicht entsprachen.

Mit Beginn des Krieges rückte aber die Sparsamkeit und Funktionalität des Wohnungsbaus wieder vermehrt in den Vordergrund, welche typisierte und rational ausgearbeitete Baupläne und Verfahren besser erfüllten als der aufwändige Bau von Kleinsiedlungsstellen. Ziel der nationalsozialistischen Siedlungsplanung war eine Durchmischung von ein- und zweigeschossigen Kleinhäusern und Mehrfamilienhäusern mit möglichst nicht höherer Geschosszahl, die einen harmonischen Zusammenklang bilden sollten und sich in das Stadtbild einzupassen hatten.

Neben diesen politischen Bauvorgaben musste der Architekt sich auch nicht minder wichtigen ästhetischen Regeln unterwerfen, die 1936 als „Baubedingungen der Stadt Waren“ (an der Müritz) vom Stadtbaurat Pinnow herausgegeben wurden. Diese ästhetischen Bauvorgaben hatten den Schutz des Stadtbildes unter Verwendung regionaler Baustoffe und -formen zum Ziel. Die Baubedingungen beinhalteten unter anderem die Umsetzung der Bauten als Ziegelrohbau mit Verfugung mit weißem Kalkmörtel, schiefergrau gedeckte Steildächer, die einen Neigungswinkel nicht unter 45° aufweisen mussten und bündig mit der Mauer einsetzten, und weiß gestrichene Fensterrahmen. Diese Richtlinien greifen die traditionellen Bauformen des norddeutschen Raumes auf und dienen der Harmonisierung von altem und neuem Stadtteil.

Die Siedlung

Unter dem nationalsozialistischen Regime setzte sich immer mehr die Auffassung durch, sogenannte Volkswohnungen (Kleinwohnungen nahe den Industriewerken) zu bauen. Renninghausen erfüllte diese Anforderungen. Es gab um Hombruch herum mehrere Zechenbetrieb, es gab in Barop das Walzwerk und in Hörde das Stahlwerk Phönix.

Die Wohnungsbaupolitik stand unter dem Vorgabe, Dortmund als Rüstungsstadt auszubauen. Propagandistisch wurde die dazu gehörende geplante und durchgeführte Bautätigkeit herausgestellt. Eine wirklich ausgefüllte Baupolitik wurde erst nach den Schrecken der Bombardierungen zu Friedenszeiten vorgenommen.

Es gab bei den Planern aber einen Widerspruch zwischen angekündigter Bautätigkeit und deren Realisierung. Diesen Widerspruch gab es in vielen Bereichen nationalsozialistischer Ankündigung bzw. Plänen. Besonders groß war diese Diskrepanz im Baubereich. Jede Bautätigkeit wurde deshalb mit riesigem „Tamtam“ durchgeführt, und sei sie noch so unbedeutend.


Rudolf Hess, Gauleiter Josef Wagner und Kreisleiter
Friedrich Hesseldieck bei der Besichtigung eines
Modells im Alten Rathaus
 

Die blaue Linie umschließt das Land der St.-Clemens
Gemeinde und der schwarze Teil das gepachtete Land
 
 

Anfang 1938 konnte der Betriebsführer der Hörder Hüttenwerke eine Siedlung von 20 Häusern einweihen.
Mit großem Presseaufwand wurde dies als riesige Leistung heraus gestellt und als Teil der kommenden Großsiedlung Dortmund Süd gefeiert. Gleichzeitig wurde der Dortmunder Bevölkerung zu Weihnachten ein Weihnachtsgeschenk versprochen, wie man es sich nicht besser vorstellen
konnte: Eine neue „Stadt“, die Rudolf Hess Stadt.

Der Stadtentwurf von dem Dortmunder Architekten Joseph Wentzler in Verbindung mit dem Oberbürgermeister Willi Banike wurde als „Stadt des deutschen Sozialismus“ bezeichnet. Für Dortmund war der Bau dieser Siedlung
eine Ehre.

Vorbereitung der Bauphasen


Unter diesen Voraussetzungen führten diese
Verhandlungen zu der Planung des ersten
Bauabschnittes.

I. Bauabschnitt: der Raum südlich und nördlich der Zillestraße, welche in Sudeten-Damm umbenannt wurde.
Die Straßen sollten als symbolischen Akt und zum Gedenken an das:Münchner Abkommen den Namen sudetendeutscher Städte tragen: Marienbader, Eger-, Karlsbader, Reichenberger, Aussig-, Tetschener,
Troppauer, Leitmeritz- und Trautenauer Straße.

II. Bauabschnitt: Erweiterung der Siedlung bis hinter
Barop entlang der Stockumer Straße. Hier sollte aber
die gewachsene Struktur der Ortschaften Barop und Eichlinghofen erhalten bleiben und die neuen Siedlungen um die bestehenden Häuser herum geführt werden. Die Stockumer Straße sollte aber eine wichtige Verkehrsader bleiben.

III. Bauabschnitt: Erweiterung entlang der Stockumer Straße bis hinter Eichlinghofen

IV. Bauabschnitt: von Eichlinghofen bis Ortsbeginn Dorstfeld

V. Bauabschnitt: bis Ortsbeginn Hörde entlang der Zillestraße

VI. Bauabschnitt: von Renninghausen über die heutige Bolmke bis Stadion Rote Erde und Volksbad; beide Sportstätten sollten in dieser Süd-West-Stadt aufgehen

Die einzelnen Bauabschnitte sollten 1945 abgeschlossen sein. Es kam nur zum teilweisen Bau des I. Abschnitts, da der beginnende Krieg weitere Ausführungen nicht zuließ.

Ausführung der Häuser




Nur wenige Häuser wichen von der Norm ab, wenn in dem
Haus z.B. ein Geschäft untergebracht war. Das Wandbild
ist heute noch vorhanden. (Foto: H. Tibbe)
 

Diese Erker mit den Ornamenten verschwinden immer mehr
aus Kostengründen, da das Holz in kürzeren Zeiträumen
gestrichen werden muss. Auch energetische Maßnahmen
lassen diese Erker verschwinden. (Foto :H. Tibbe)

Die Häuser waren in ihrer Ausführung absolut identisch. Aufgrund der Zweckmäßigkeit wurde kaum Eisen und Stahl verbaut, da man diese Materialien, diese Industriegüter, für die Rüstung benötigte. Es wurde eine einfache Holzbauweise bevorzugt.

Die Wohnungen waren in ihrer Aufteilung, in ihrem Schnitt absolut identisch. Ein Umzug aus der Egerstraße in die Trautenauer Straße konnte ohne „Ausmessen“ vorgenommen werden da alle Wohnungsarten (2- oder 3-Zimmer-Wohnungen) die gleichen Maße hatten. Weiterhin gehörte zu jeder Wohnung ein kleiner Garten, damit der Arbeiter durch selbst angebautes Gemüse seine Ernährung verbessern konnte. Die geplanten „Stallungen“ (Platz für höchstens ein Schwein) wurde schon nicht mehr angefangen, da die kriegsbedingten Sparmaßnahmen griffen.

Auch sonst zeigte der beginnende Krieg seine Auswirkungen. In jedem Haus wurde die Waschküche als Luftschutzkeller erbaut. Noch heute sind trotz gründlicher Renovierung in vielen Häusern in den Waschküchen die Eingangstüren als Luftschutztüren aus Stahl vorhanden. Auch konnte man von einem Haus zum anderen durch kleine Türen gehen, um im Falle einer Zerstörung des Hauses den „Luftschutzraum“ verlassen zu können.

Weiterhin sollten Erker und Wandbilder den Mustercharakter der Siedlung unterstreichen.

Detail der Brüstung
(Foto; H.Tibbe)